HTC Hero Android Smartphone mit HTC Sense

(24.08.2009 00:00 CET)

Als 1997 die „High Tech Computer Corporation“ (HTC)  gegründet wurde, hatte wohl niemand so recht eine Ahnung, was sich daraus entwickeln würde: Der größte Hersteller von Hardware für Windows Mobile Geräte, der nicht nur für Mobilfunkanbieter gebrandete Modelle herstellt, sondern auch für Traditionsmarken wie Palm und Sony Ericsson den Einstieg in das mobile Windows-Segment sicherstellt. Lange Zeit war man exklusiv auf Windows Mobile focussiert, um so verwunderter war der Markt, als HTC 2007 den Beitritt zu Google´s Open Handset Alliance und damit der Android-Plattform erklärte. Das G1 als erstes Android-Gerät erntete noch überwiegend Hohn und Spott, und die Plattform an sich wurde schon totgeschrieben, bevor sie sich überhaupt etabliert hatte.

Jetzt hat HTC mit dem HTC Hero das erste eigene Gerät (im Sinne von vertrieben unter der Marke HTC und parallel dazu von Netzbetreibern verkauft) auf den Markt gebracht, und hier setzt HTC – wie bei Windows Mobile – auf Eigenbau, wenn es um die Oberfläche geht. In diesem Test soll weniger die Hardware, sondern vordringlich die Oberfläche und die Plattform an sich betrachtet werden. Besonders interessant deshalb, weil HTC die SenseUI als legitimen Nachfolger von TouchFLO positioniert und in der Zukunft auch auf Windows Mobile-Geräte portieren will.

Kurz zur Hardware: Was auch immer die Designer geritten hat, das Ergebnis ist – vorsichtig formuliert – unüblich. Böse Zungen beschreiben den Hero als „HTC Touch Diamond 2, der als weiches Tonmodell einnmal auf den Boden getitscht ist“... und diese Beschreibung ist nicht so fern der Realität: der Hero hat ein Metallfinish auf der Oberschale, das wertig ist und eben an den TD2 erinnert. Unter dem Display aber ist ein „Knick“ im Gehäuse, der ein wenig an ein klassisches Telefon erinnert: Bedientasten und Unterseite sind zum Benutzer hin geneigt. Dies ist auf der einen Seite eine nette Designidee, hat aber in der Praxis auch Nachteile: in der Hosen- oder Hemdtasche trägt das Gerät deutlich mehr auf als seine eigentliche Dicke.

Abgesehen von diesem Manko ist der Hero ein gut verarbeitetes, haptisch ansprechendes Gerät. HSDPA, WLAN, Bluetooth, ein Bewegungssensor, der das Display nach der Orientierung des Gerätes ausrichtet, eine 5 Megapixel-Kamera (die – wie bei mobilen Geräten normal – eher einfache Bildqualität bietet), ein Trackball zur Steuerung des Gerätes runden die Hardware ab. Unikum seitens des iPhone (und des hier noch nicht erhältlichen Palm Pre) ist das Multitouch-Display, das mehrere Berührungen gleichzeitig erkennen kann und so beispielsweise in der Fotowiedergabe oder dem Internet-Broswer freies Zoomen per Fingerschnippen erlaubt.

Von der Oberfläche her ist der Hero eine Mogelpackung, und wider der normalen Bedeutung des Begriffes ist das eine positive Eigenschaft. HTC Sense wertet die eher karge und nicht übermäßig funktionale (Vorsicht: Meinung... :-)) Oberfläche von Android so weit auf, dass man sie fast nicht mehr wiedererkennt. Allerdings im Umkehrschluss: Der Windows Mobile-Anwender fühlt sich schnell heimisch... seine Herkunft kann Sense nämlich absolut nicht verhehlen: Die Klappuhr auf der Startseite, die einzelnen Tabs, das „Wischen“ mit dem Finger, um auf die nächste Seite zu kommen, all das erinnert stark an TouchFLO 3D. Auch die fingerbedienbaren Menüs, die Optionen und Systemeinstellungen zugänglich machen, die beiden „Softkeys“ am unteren Rand des Touchscreens, all das kommt dem Anwender aktueller HTC-Geräte arg bekannt vor. Ein eindeutiger Hinweis darauf, dass diese Oberflächen eben genau das sind: aufgesetzte Teile Software und kein Teil des Betriebssystems selbst. Genau so, wie ein Macintosh-Benutzer mit mac:office auf einem PC mit Windows die Office-Programme bedienen kann, so kommt der Windows Mobile-Benutzer auch mit dem Hero klar.

In sofern beschränkt sich die Berührung mit Android auf ein relativ geringes Maß, allerdings hinterlässt auch dies schon einen eher zwiespältigen Eindruck. Ein wenig kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Google als Treiber hinter Android zu sehr auf Apple geschielt hat und dabei zwar grundsätzliche Eigenschaften adaptiert hat, aber in vielen Fällen nicht hinterfragt. So wurde beispielsweise das Prinzip des „Stores“ übernommen: Bei Apple ist es der AppStore, bei Windows Mobile der Marketplace, bei Android der Market. Während es bei den mobilen Microsoft-Geräten allerdings eine Option, die auch kleinen Softwareentwicklern im Direktvertrieb (und damit ohne Lizenzkosten, die erst einmal einzuspielen sind) Zugang zu Kunden gewähren, schottet Google Android ab. Die Geräte sind im Standard für viele Systemfunktionen gesperrt, da nützt dann auch die Option, Software aus anderen Quellen als dem Marketplace zuzulassen, nichts. Erste Android-Versionen (wie sie auf dem G1 teilweise ausgeliefert wurden) hatten noch eine Lücke, durch die man sich am Gerät als Root und damit mit allen Rechten anmelden konnte, neuere Versionen erlauben dies nicht mehr. Während Apple´s AppStore mittlerweile satt gefüllt ist und für so gut wie alle Anwendungsbereiche eine Vielzahl von Applikationen zur Auswahl stellt, ist das Angebot im Android Market noch lau bis dürftig. Ein Beispiel: zum Testzeitpunkt gab es noch keinen einzigen RSS-Reader, der Umlaute  beherrschte und nicht den (unsinnigen) Umweg über ein Google-Reader-Konto erforderte.

Auch die Kapselung des Gerätes erinnert an Apple: keine bei anderen Plattformen zum Standard gehörenden Funktionen wie das Tethering (die Freigabe der Internetverbindung an ein Notebook), kein Zugriff auf das Filessystem des Gerätes selbst (was dazu führt, dass beispielsweise Fotos der internen Kamera nur auf der – mitgelieferten – microSD-Karte speicherbar sind, ohne Speicherkarte also keine Fotos). Hier ist nun eine Bewertung sehr schwer. Als Windows Mobile-Anwender, der sowohl vom Gerät aus selbst als auch von Außen ohne Probleme alles machen kann, fällt das Verständnis ein wenig schwer... und das hat durchaus Einfluss auf die intuitive Bedienung: Das Zuweisen von Klingeltönen gerät da fast schon zur schmerzhaften Erfahrung, verlässt man sich auf die Intuition, dann schlägt man irgendwann mit dem Kopf auf den Tisch. Im Einstellungsmenü findet man sehr schnell die Option, den Klingelton einzustellen, nur leider finden sich in der Auswahl nur die im Lieferzustand mitgelieferten Sounds. Mangels Zugriff auf das Dateisystem kann man dort keine hinzufügen, Ablegen auf der Speicherkarte (auch nicht im Verzeichnis media\audio\ringtones, wie einige Android-Seiten vorschlagen) ändert auch nichts. Die Lösung: Klingeltöne als MP3s auf die Speicherkarte ins Hauptverzeichnis, Medienplayer öffnen, Menü, „Als Klingelton“, dann entweder als Hauptklingelton oder als Kontaktklingelton anwenden. Wer Windows Mobile vorwirft, zu kompliziert zu sein, der mag mir gerne seine Bewertung zu diesem Verfahren geben...

In der Summe überzeugt mich Android als Plattform ebenso wenig wie damals das iPhone OS. Wer Angst davor hat, zu sehr in den Händen von Google zu landen, der kann dies durch Verwendung der kostenlos auf der HTC-Seite herunterladbaren HTC Sync-Software umgehen (und damit mit Outlook statt mit den Google-Online-Services synchronisieren). Den Google Reader zu umgehen – der vom Grundsatz her natürlich ebenfalls potentiell datenschutzkritisch ist – unter Verzicht auf Umlaute – ebenfalls möglich. Funktional aber ist mit Android „alleine“ zu gekapselt, zu unflexibel und einfach nicht meinen Ansprüchen genügend. Subjektiv, sicherlich, aber nachvollziehbar. Wer jetzt allerdings mit einem „War ja klar, Microsoft-Brille...“ reagiert, der solle weiterlesen... ich gerate ins Schwärmen... :-)

Der HTC Hero ist nicht Android, sondern ein SenseUI-Gerät, das von Android betrieben wird. Und HTC Sense ist für mich die Oberfläche, auf die ich seit Jahren warte. Selbst Spb Mobile Shell, bisher mit Abstand die UI mit dem besten Bedienkomfort, muss sich dahinter verstecken. Und Android hin oder her: Diese Oberfläche kombiniert von der Offenheit und Power von Windows Mobile wäre (und wird hoffentlich) ein Traum.

HTC Sense hat den Anspruch, so konfigurierbar wie möglich zu sein. TouchFLO 3D war als Oberfläche weithin begeistert aufgenommen worden, einen Kritikpunkt aber immer wieder akzeptieren müssen: Zu statisch, zu vorgegeben die Bildschirme und deren Elemente. Und genau da setzt HTC Sense an: Jeder Bildschirm lässt sich frei belegen, viele Applikationen haben so genannte Widgets (so kann beispielsweise eine Liste der interessierenden Aktien als ein kompletter Bildschirm angelegt werden, als Zeile oder gar nur als ein Symbol in einen anderen Bildschirm integriert werden).

Das Wetter wird auf der Startseite unter der von TouchFLO 3D bekannten Klappuhr eingeblendet, kann aber wiederum auch als eigener Bildschirm (in Form des Wettertabs von TF3D eingeblendet werden. Zur Verfügung stehen Android-Widgets, HTC-spezifische Dinge, Programmverknüpfungen, sogar Ordner  und Kontakte, Webseiten und andere Elemente können eingeblendet werden.

Die gängigsten sozialen Netzwerke wie Twitter, Facebook und Flickr lassen sich direkt in den Einstellungen des Gerätes konfigurieren und bekommen, so man dies getan hat, direkt eine eigene Seite auf dem Startbildschirm. Für Twitter liegt auch gleich mit HTC Peep (wer auch immer diesen Namen festgelegt hat, hat Humor!) ein separater Client dabei, mit dem Tweets geschrieben, Fotos und die Position angehängt und die Timelines der Benutzer, die man verfolgt, angesehen werden können. Und natürlich sind auch die Google Services wie Talk, Maps und Mail direkt mit dabei, durch die Synchronisation mit Outlook über das frei erhältliche Zusatztool HTC Sync, durch den downloadbaren Messenger kann man sich auch komplett „an Google vorbei“ bewegen.

Meine absolute Lieblingsfunktion aber ist „Footprint“. Lange angekündigt (und auch für Windows Mobile geplant) führt dieses auf den ersten Blick eher unscheinbare Programm alles zusammen, was einen Ort ausmacht. Man stelle sich folgende Situation vor: Mit dem Auto unterwegs im Urlaub findet man durch Zufall DIE Traumbucht: abgelegen, feiner Sand, keine Menschenseele weit und breit und ein Parkplatz direkt hinter der Düne. Was macht man in einem solchen Fall? Karte rausholen, grob abschätzen, wo man gerade ist, und dann hoffen, dass man den Ort noch mal findet. Mit HTC Footprint geht das alles viel einfacher. Man sucht sich eine passende Kategorie in der Menüleiste aus (z.B. „Freizeit“) und tippt auf „Neuer Footprint“. Parallel startet nun intern die Kamera, damit man ein repräsentatives Foto aufnehmen kann und der Hero bestimmt über das GPS die Position. Ist beides abgeschlossen, dann sind bereits das Bild, der Ort als Name (aus der Position bestimmt), der Längen- und Breitengrad, eine Kartenansicht aus Google Maps in den Footprint aufgenommen. Dazu können dann noch Sprachnotizen und geschriebene Notizen aufgenommen werden.

Um später diesen Ort wiederzufinden, kann man sich diesen anhand der Positionsinformationen direkt in Google Maps anzeigen lassen, in Verbindung mit der aktuellen Position ist es dann ein Leichtes, sich dorthin zu orientieren.Wer Footprint als Urlaubs- oder Reisedokumentation nutzt, der wird sich über die Exportmöglichkeit ins KML-Format und damit direkt in Google Earth freuen: Schnell kann man auf der grossen Satellitenkarte einen Ort markieren und darstellen.

Preis:

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Fazit:

Am Anfang waren meine Vorbehalte gross, und die Einschränkungen, die Android dem Gerät auferlegt, erdrückend. Nach einer Woche „Normalbenutzung“ ist der HTC Hero allerdings ein gerne genommener Begleiter geworden. Push-Email, Messaging, Twitter und RSS (via Google Reader), der Internet-Zugang und die Basisfunktionen funktionieren einwandfrei, und die Sense-Oberfläche tut ihr Übriges um ein rundes Bediengefühl zu vermitteln.

Der Zwiespalt in der Bewertung hängt klar an Android: eingeschränktes Softwareangebot, gekapseltes OS und Funktionalität (z.B. kein Pocket Office, sondern nur einen Reader) treffen sicherlich nicht die Anforderungen alle Nutzer.

Wett macht dies die Oberfläche, die HTC – wie bei Windows Mobile mit TouchFLO 3D – tief ins System integriert hat. Man darf hier einfach nicht Android und SenseUI gleichsetzen, wer beispielsweise das T-Mobile G1 als Vergleich nimmt, der wird nur einen Bruchteil der Begeisterung verspüren wie beim Hero.

Die Kombination von HTC Sense als Oberfläche und der offenen, flexiblen Plattform Windows Mobile würde aus meiner Sicht das Optimum darstellen. Eines aber hat HTC aus meiner Sicht mit dem Hero eindrucksvoll geschafft: Dem iPhone den Rang abzulaufen. Zugegeben: Den Coolness-Faktor des Apfelfons erreicht der Hero nicht, von der Bedienung und den Möglichkeiten aber verdrängt der HTC Hero mein iPhone 3GS in die Schublade.

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